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Geneviève Callerot – eine wahre Heldin wurde im Alter von 102 Jahren geehrt

Geneviève Callerot – eine wahre Heldin wurde im Alter von 102 Jahren geehrt

Es ist – besonders ausserhalb von Frankreich – erstaunlich wenig über sie bekannt, auch wenn Geneviève Callerot eine wahre Heldin ist. Die 102-jährige Französin hat im Zweiten Weltkrieg Dutzende Menschen vor dem Tod bewahrt – und sie hat mit ihren schriftstellerischen Werken Geschichte (im Wahrsten Sinne des Wortes) geschrieben.

Geboren ist die erstaunliche Frau am 6. Mai 1916 in Paris, inmitten von Bombardementen. Es war die Zeit des Ersten Weltkrieges, der sich noch zwei weitere bittere Jahre dahinziehen sollte. Geneviève wuchs damit die ersten zwei Jahre ihres Lebens zwischen Bomben und Kriegesstreiben heran.

Der Geburtstag von Geneviève Callerot – der 6. Mai des Jahres 1916 – war übrigens der Tag des Sykes-Picot-Abkommens zwischen Grossbritannien und Frankreich. Die Länder grenzten ihre kolonialen Einflusssphären im Nahen Osten für die Zeit nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg ab. Das von François Georges Picot und Mark Sykes ausgehandelte Vertragswerk stand im Widerspruch zur Hussein-McMahon-Korrespondenz, in der Sir Henry McMahon, Britischer Hochkommissar in Ägypten dem Führer des Hedschas «Hussein ibn Ali», Sherif von Mekka, die arabische Unabhängigkeit für den Fall eines arabischen Aufstandes zusagte – alles aber in sehr vagen Formulierungen.

Am 23. März 1918 wurde Paris durch rund 800 Granaten der «Pariser Kanonen» (Dicke Bertha) attackiert und eine ganz neue Kriegsaera wurde eingeläutet damit (man bedenke, dass dies vor genau 100 Jahren geschah!). Mit dem «neuzeitigen Geschütz» der Firma Krupp konnte plötzlich die aussergewöhnliche Reichweite von rund 130 Kilometern befeuert werden, während die üblichen Geschütze bloss 40 Kilometer erreichen konnten.Es ist heute kaum auszumalen, wie die Französische Hauptstadt nach dem Beschuss ausgesehen haben muss.

Die Familie von Geneviève Callerot floh und liess sich in Saint-Aulaye in der Ruhe der Dordogne nieder, einem Departement, das während der Französischen Revolution gegründet worden war. Geneviève wurde nicht zur Schule geschickt, sondern zu Hause unterrichtet, denn die Angst um ihr Leben begleitete die Eltern des Mädchens ein Leben lang. Und diese war nicht unbegründet, denn Geneviève war gerade mal 17 Jahre alt, als in Deutschland die Nazis die Macht ergriffen und sie war 23 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg begann.

Die Demarkationslinie nach dem Waffenstillstand von Compiègne (1940) zwischen der von deutschen Truppen besetzten Zone und der freien Zone verlief ganz in der Nähe des Hofes der Familie von Geneviève. Zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Vater verhalf die junge Frau während des Krieges Menschen zum heimlichen Übertritt zwischen Ribérac und Montpon. Während zweier Jahre wurden damit rund 200 Juden, Kinder, verwundete Briten und Amerikaner gerettet, bis Geneviève im Oktober 1942 in Haft kam. Drei Mal wiederholte sich die Inhaftierung, doch die widerspenstige, junge Frau kam immer wieder frei – schon, um weitere Flüchtlinge zu retten.

Nach dem Krieg wurde Geneviève 1956 Landwirtin und pachtete mit ihrem Mann Jean einen Hof inSaint-Aulaye. Sie lebte einfach und bescheiden. Nur durch Zufall entdeckte ihr Cousin Jean-Charles ihr schriftstellerisches Talent und mahnte sie, ihre Erfahrungen festzuhalten und ihr immenses Talent zu pflegen. Mit «Les Cinq Filles du Grand-Barrail» erzielte Geneviève Callerot 1983 ihren ersten grossen Erfolg. Es sollten weitere vier Werke folgen.

 

  • Éditions universitaires (Hrsg.): Les Cinq Filles du Grand-Barrail. 1983, ISBN 978-2-7113-0239-0(französisch, 333 S.)..
  • Éditions universitaires (Hrsg.): Treize grains de maïs. 1986, ISBN 978-2-7113-0342-7(französisch, 214 S.)..
  • Publi-fusion (Hrsg.): Létang des Trois-Jules. 1993, ISBN 978-2-907265-25-6(französisch, 185 S.)..
  • De Borée (Hrsg.): Quatre sons de cloche. 2001, ISBN 978-2-84494-069-8(französisch, 213 S.)..
  • Le Grand Livre du mois (Hrsg.): La demoiselle du château. 2014, ISBN 978-2-286-11385-8(französisch, 375 S.).

 

Mit «Le reportage que lui consacrait France 3 pour ses 100 ans», ausgestrahlt auf France-tv, wurde die damals 100-jährige Heldin geehrt. Über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus, sollte sie aber erst durch die Verleihung des Titels als «Mitglied der Ehrenlegion» im Alter von 102 Jahren Bekanntheit erlangen. Zur Bedingung für die Entgegennahme des höchsten Verdienstordens des Landes Frankreich hatte Geneviève Callerot übrigens gemacht, dass die Ehrung posthum ihrer gesamten Familie zugute komme. Vorher hatte sie jegliche Ehrungen abgelehnt. Es gebe «haufenweise Leute, die viel mehr verdienen», war die Begründung für die mehrmalige Ablehnung und sie hätte gerne gesehen, dass «meine Eltern und Geschwister mit eingeschlossen geworden wären».

Bild: Geneviève Callerot

Ein Blick auf den 6. Mai zeigt, dass an diesem Tag weitere erstaunliche (ganz ohne Wertung, denn es hat einige fragwürdige Kaliber dabei) Menschen das Licht der Welt erblickten, alles Kämpfer und Denker wie Geneviève: George Clooney, Toney Blair, Andreas Baader, Nikolaus II, Orson Welles, Sigmund Freud, oder Maximilien de Robespierre. Als einzige erwähnte Frau ist im Kreise der Illustren Martha Craven-Nussbaum zu finden, die 1947 geboren wurde. Sie ist eine einflussreiche zeitgenössische amerikanische Moral-Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik, mit über 30 Ehrendoktorwürden.

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