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Harte Töne in der Politik: Karin Keller-Sutter wird als Favoritin für den Bundesrat gehandelt

Harte Töne in der Politik: Karin Keller-Sutter wird als Favoritin für den Bundesrat gehandelt

Ein bisschen magistral gibt sich Karin Keller-Sutter (54, SG) schon lange. So ist die haushohe Favoritin für den Bundesrat neben SVP-Nationalrätin und Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher (49, GR) die einzige aller Bundesparlamentarier, deren Handynummer den Bundeshaus-Korrespondenten unbekannt ist.

Etwas abgehoben sei die Ständerätin schon, schnöden einige Parlamentarier denn auch hinter vorgehaltener Hand. Zuweilen etwas kühl, spröde und distanziert.

Köppel: «Absolut wählbar»

Doch echte Kritik an der massgeschneiderten und logischen Nachfolgerin von Johann Schneider-Ammann (66) gibt es keine. Selbst SVP-Nationalrat Roger Köppel (53, ZH), der mit seiner «Weltwoche» schon Kampagnen gegen die St. Gallerin gefahren hat, sagt heute: «Ich schätze sie. Sie ist bemüht, alles perfekt zu machen. Keller-Sutter ist für mich absolut wählbar.»

Die Kür in den Bundesrat wäre der letzte Akt einer schnörkellosen Politkarriere: Mit 29 wählen sie die Wiler in den Gemeinderat, mit 33 ist sie Kantonsrätin, mit 36 bereits Regierungsrätin. Mit 48 gelingt der Sprung nach Bern – ins Stöckli, das sie dieses Jahr präsidiert.

FDP-Spitze liess sie im Regen stehen

Den einzigen politischen Rückschlag erlitt die Konferenz-Dolmetscherin 2010, als sie gegen Schneider-Ammann den Kürzeren zog. Die FDP-Rennleitung hatte sie zur Kandidatur motiviert, im stillen Kämmerchen dann aber voll auf den Berner gesetzt.

Damals wurde sie als Hardlinerin wahrgenommen. Weil sie als Justiz- und Polizeidirektorin eine harte Gangart gegen Hooligans einschlug und sich für eine scharfe Asylpraxis einsetzte. Etiketten wie die «eiserne Lady» oder gar «Blocher im Jupe» machten die Runde.

Metamorphose zur Machtpolitikerin

Jetzt hat sie eine andere Agenda. Sicherheitsthemen sind passé, Wirtschafts-, Aussen- und Sozialpolitik treiben die Ständerätin um – respektive sie treibt die Dossiers voran. KKS, wie sie im Bundeshaus genannt wird, ist eine der einflussreichsten Politikerinnen überhaupt, gar zur «mächtigsten Politikerin des Landes» wurde sie schon gemacht.

«Sie strahlt als Persönlichkeit eine starke Souveränität aus», schwärmt FDP-Ständerat Josef Dittli (61, UR). Sie sei gradlinig, nüchtern, überlegt, herzlich, fleissig – aber kein Workaholic.

Auch bei vielen in der SVP kommt KKS trotz gewissen Vorbehalten gut an. Sie sei kompetent und sprachgewandt, sagt Ständerat Hannes Germann (62, SH). Nationalrat Ulrich Giezendanner (64, AG) outet sich als «grosser Fan».

Politiker von links bis rechts sind überzeugt: Ein Fehlverhalten à la Pierre Maudet(40), dem FDP-Bundesratskandidaten vom letzten Jahr, der über eine geschenkte Luxusreise stolperte, gab und gibt es bei der Ständeratspräsidentin keines.

Idol Thatcher – Vorliebe Punk-Rock

Leichen im Keller hat einzig ihr Ehemann Morten (53) – ein Gerichtsmediziner, der die Zürcher Gesundheitsdienste leitet. Seit fast 30 Jahren sind die beiden ein Paar. Kinder haben sie keine. Keller-Sutter erlitt mit 29 Jahren zwei Fehlgeburten.

Aufgewachsen ist sie in einer vom CVP-Geist geprägten Familie – als Nachzüglerin. Sie hat drei Brüder, die neun bis 13 Jahre älter sind als sie. Ihre Eltern führten ein gutbürgerliches Restaurant. «Meine gewerbliche Herkunft hat mich geprägt: Man kann kein Geld verteilen, bevor es verdient ist», sagte Keller-Sutter kürzlich zur «Aargauer Zeitung».

In der Kanti sei sie noch links gewesen, doch mit 19 zog sie nach London und entdeckte neben dem Punk, den sie bis heute gerne hört, ihr politisches Vorbild: die damalige Premierministerin Margaret Thatcher (1925–2013).

Am 5. Dezember nun dürfte die St. Gallerin ihrem britischen Idol folgen und das höchste politische Amt erklimmen.

Text: Nico Menzato

 

Erfahren Sie hier mehr über Karin Keller-Sutter!

Meinung

Mag sein, dass die St. Galler Ständerätin manchmal etwas unnahbar scheint, sie ist es aber Wirklichkeit überhaupt nicht. Einen Mann würde man als charakterfest und stark beschreiben, wäre er so wie sie.

Selber lernte ich sie als FDP-Kantonsrätin und Präsidentin der FDP Kanton St. Gallen kennen und schätzen. Sie hat mir stets mit ihrer Fachkompetenz und Gradlinigkeit imponiert. Als Medienvertreterin habe ich diese Persönlichkeit über Jahre verfolgt. Ich staune noch heute über ihren Wahlkampf für den Regierungsrat, als sie im kleinen Toggenburger Dorf Dicken auftrat. Sie war sich für nichts zu schade. Mein Vater kam damals extra aus Solothurn, um sie zu sehen. Er schwärmte richtig für sie, genauso wie meine vier mehr oder weniger erwachsenen Kinder, die übrigens politisch der SP, eher der CVP und auch der FDP zugehören. “Für die Ostschweiz ist sie ein Hauptgewinn”, sagt mein erwachsener Sohn, der kritischste aller meiner Kinder. Wir dürfen ihren Kampf an der Seite ihres heutigen Ständeratskollegen Paul Rechsteiner nicht vergessen. Ohne sie hätten wir kaum das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Karin Keller-Sutter hat auch als Justizministerin des Kantons St. Gallen brilliert – und Geschichte geschrieben über die Landesgrenzen hinaus. Wenn jemand fähig ist, die FDP als Bundesrätin so zu vertreten, wie es der staatstragenden Partei der Schweiz gebührt, dann ist es Karin Keller-Sutter. Wenn jemand die Wunden um den Rücktritt der ersten Bundesrätin der Schweiz endlich heilen lassen kann, dann ist es ebenfalls sie.

Übrigens, Politik hin oder her: Wenn ich an Karin Keller-Sutter denke, dann als laut mitsingende stolze Vertreterin an Bundesfeiern und besonders an einem kantonalen Gesangsfest im Raum Wil.

Sollte sich Ständerätin Karin Keller-Sutter für eine Kandidatur entschliessen, unterstützen wir ostschweizerinnen.ch sie am Wahltag in Bern. Sie ist nämlich auch ein langjähriges, sehr treues Mitglied, das sich übrigens persönlich für die Nicht-Teilnahme an der letzten Generalversammlung entschuldigt hat.

Cornelia Forrer
Redaktionsleiterin

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