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Soll der Kinderwunsch homesexueller Paare erfüllt werden?

Soll der Kinderwunsch homesexueller Paare erfüllt werden?

Die Zeichen stehen gut für die Anhänger der «Ehe für alle». Die Rechtskommission des Nationalrats hat kürzlich überdeutlich Ja gesagt: Gleichgeschlechtliche Paare, denen heute nur die eingetragene Partnerschaft offensteht, sollen künftig heiraten dürfen. Mit dem Zugang zur Ehe wäre unter anderem das Recht auf Adoption von fremden Kindern verbunden. Heiss umstritten bleibt hingegen die Frage, ob mit dem Zugang zur Ehe auch der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin verbunden sein soll.

Das Bundesamt für Justiz (BJ) hielt vor einem Jahr in einem Bericht fest, die vollständige Gleichstellung inklusive einer Öffnung der fortpflanzungsmedizinischen Verfahren sei mit verschiedenen Unsicherheiten verbunden. So brauche es «in jedem Fall eine Verfassungsänderung», damit gleichgeschlechtliche Paare die Reproduktionsmedizin in Anspruch nehmen könnten. Das BJ habe damit die derzeit überwiegende Rechtslehre wiedergegeben, sagt Sprecherin Ingrid Ryser. Gemäss GLP-Nationalrat Beat Flach (AG) kann die Frage, ob es eine Verfassungsänderung braucht, aber «auf zwei Arten beantwortet werden». Flachs Partei hat den Anstoss für die «Ehe für alle» gegeben.

Wie ist Unfruchtbarkeit definiert?

Es geht um den Verfassungsartikel 119. Dieser hält fest, dass die Fortpflanzungsmedizin nur dann zum Zug kommen darf, wenn die Unfruchtbarkeit nicht anders behoben werden kann. Für den überwiegenden Teil der Lehre sei der Begriff Unfruchtbarkeit nur auf heterosexuelle Paare anwendbar, schreibt das BJ. Zu einem anderen Schluss kommt ein Gutachten des Rechtsprofessors Andreas Ziegler von der Universität Lausanne, das der Dachverband Regenbogenfamilien Schweiz zusammen mit anderen Organisationen in Auftrag gegeben hat: Ziegler schreibt, dass nur «wenige ältere, eher wertkonservative Autoren» den Unfruchtbarkeitsbegriff auf heterosexuelle Paare, bei denen trotz regelmässigem Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft eintritt, beschränkten. Für den grösseren Teil der Autoren erlaube die Verfassung bereits heute auch gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin.

Die Verbände der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexmenschen (LGBTI) schliessen daraus, dass eine kleine Änderung des Zivilgesetzbuches genügt. Sie haben das Gutachten den Mitgliedern der nationalrätlichen Rechtskommission vor der Sitzung zugeschickt – und diese offenbar überzeugt. Die Kommission hat sich zwar hauchdünn gegen eine Öffnung der Fortpflanzungsmedizin auf dem Gesetzesweg ausgesprochen. Sie hat aber immerhin eine entsprechende Variante in die Vernehmlassung geschickt.

Eine Regelung auf Gesetzesebene liegt im Interesse jener, die für eine Öffnung der Fortpflanzungsverfahren weibeln. Denn eine Änderung der Bundesverfassung bräuchte nicht nur die Zustimmung des Stimmvolks, sondern auch der Mehrheit der Kantone – eine hohe Hürde für das gesellschaftspolitische Anliegen. Für Beat Flach ist der Weg über das Zivilrecht und der Verzicht auf eine Verfassungsänderung das richtige Vorgehen. Österreich habe einen vergleichbaren Weg gewählt.

Schwule Paare nicht diskriminieren

Die LGTBI-Organisationen bezeichnen den Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Paaren von der künstlichen Befruchtung als diskriminierend. Für die Mehrheit der Nationalratskommission würde aber genau die Öffnung der Fortpflanzungsmedizin zu einer Ungleichbehandlung führen – und zwar zwischen lesbischen und schwulen Ehepaaren. Erstere hätten mit der Änderung neu Zugang zu Spendersamen. Schwule sind für die Erfüllung des Kinderwunsches hingegen auf eine Leihmutter angewiesen. Die Leihmutterschaft ist in der Schweiz aber auf Verfassungsebene verboten. Von einer Öffnung der Fortpflanzungsmedizin würden also nur lesbische Ehepaare profitieren.

Text: Aargauer Zeitung

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